Warum soll man als Erwachsene/er Kämpfen lernen? Was soll das Ganze?

Ist das ganze Leben nicht schon hart genug? Ist das Leben an sich in der heutigen Zeit nicht sowieso schon ein Kampf?

Kämpfen ist doch nichts für mich! Ich bin gegen Gewalt! Ich will mich beim Kämpfen doch nicht verletzen und dann kann ich nicht zur Arbeit gehen!

Unser Motto lautet: "Bei uns wirst Du fit, lernst zu kämpfen, was Dir vielleicht einmal den Hintern retten kann. Leg es aber nicht darauf an! Vor allem aber:

Hab einfach Spaß"

Was hat unser Motto mit den oberen Aussagen und Fragen, die sich die überwältigende Mehrheit der Erwachsenen Bevölkerung genau so stellt, zu tun?

Eine ganze Menge!

Nehmen wir unser Motto mal genau auseinander, und zwar beginnen wir von hinten, weil es das aller wichtigste ist:

Hab einfach Spaß!: Spaß haben, wenn man mit einer fremden Person rumkampeln soll? Ist das unser Ernst?

Klar! Es macht jede Menge Spaß!  Es ist im Verhalten aller intelligenten Wesen, egal ob Rabe, Papagei, Delphin, Katze, Hund oder Affe (womit wir bei uns Menschen angelangt wären), tief verwurzelt und von der Natur angelegt. Alle kämpeln und Raufen gern. Der Eine bissl mehr, der Andere etwas weniger. Weil er vielleicht auch weniger geschickt darin ist.

Aber prinzipiell macht Raufen eine Menge Spaß!

Aber dafür müssen bestimmte Voraussetzungen, ein gewisser Rahmen gegeben sein:

Es muß Regeln geben, an die sich alle halten! Die wichtigste Regel muß lauten: keiner darf verletzt werden, beim Raufen passt jeder auf den anderen auf, es kann nur ein Miteinander, nie ein Gegeneinander geben! Es muß Fair und mit Rücksicht in freundschaftlicher und guter Atmosphäre zugehen.

Bei uns wirst Du fit, lernst zu kämpfen.

Wir müssen erst lernen, uns so zu bewegen, damit wir in der Lage sind, kämpfen zu können. Es ist generell so, je mehr Kraft beim Kämpfen und Raufen zum Einsatz kommt, um so mehr steigt das Verletzungsrisiko. Kämpfen lernen heißt, sich effektiv Bewegen zu können! Dafür sind spezielle Übungen notwendig, die die Teilnehmer dazu befähigen, diese Bewegungen zu erlernen.

Werden sie dann in die freie Anwendung übertragen, sprich beim Raufen und Kämpfen, ergibt sich daraus ein äußerst effektives Fitness- Programm! Warum? Weil beim Raufen stets der ganze Körper zum Einsatz kommt, ein "ganzheitlicher Sport" also. Alle Muskelgruppen werden gefordert, keine Gelenke übermäßig beansprucht. Auf fast einzigartige Weise wird so die Eigenwahrnehmung (Stichwort Proproseption) gefordert und gefördert!

.... was Dir vielleicht einmal den Hintern retten kann. Leg es aber nicht darauf an!

Nicht jeder, der Kampfsport betreibt und vielleicht sogar ein erfolgreicher Wettkämpfer ist oder war, kann sich bei einer Konfrontation mit roher, unvorhergesehener Gewalteinwirkung erfolgreich selbst verteidigen. Kampfsport und der Umgang mit Gewalt sind einfach zwei verschiedene Dinge, die so gut wie gar nichts miteinander zu tun haben!

Gewaltprävention und Umgang mit Gewalt muß speziell und unabhängig vom normalem Raufen und miteinander kämpfen gelehrt und geübt werden, weil dafür ganz andere Trainings- Methoden angewandt werden müssen (machen wir in separaten Einheiten und Seminaren).

Es geht hier um ganz andere Dinge, die beim Üben eine Rolle spielen, Sachen wie Umgang mit Stress, Aufmerksamkeit, Cleverness, aber auch die Erreichung einer entsprechenden Einstellung zur Situation sind sehr wichtig.

Technische Aspekte, die beim sportlichen miteinander Raufen so wichtig sind, spielen in einer Gewaltsituation hingegen in den aller wenigsten Fällen eine Rolle.

Eines aber hilft allerdings sehr bei der Gewalteinwirkung durch fremde Menschen, wenn ich kämpfen kann: die Körperlichkeit mit all ihren Auswirkungen, wie: unkooperativer und unvorhersehbar agierender Gegner, Körpergeruch, Körpergewicht, Einschränkung der Bewegungsmöglichkeiten usw. DAS  sind alles Dinge, denen ich beim freundschaftlichem Raufen auch ausgesetzt bin und damit ständig Umgang habe. Das ist eine große Hilfe, wenn es in einem Ernstfall dazu kommt, seine Gesundheit oder sogar sein Leben verteidigen zu müssen.

Ich behaupte: Generell ist Kämpfen und Raufen lernen mit das Sinnvollste und Wertvollste, was man in seinem Leben tun kann!

Beim Raufen ist man ständig gezwungen, sich auf neue Situationen einzustellen, auf andere Leute, andere Aufgaben, andere Umstände der eigenen Befindlichkeit. Das heißt nichts anderes, als daß ich mich FLEXIBEL der jeweiligen Situation anzupassen lerne!

Flexibel im Kopf und natürlich mit meinem ganzen (!) Körper! Übrigens heißt die japanische Silbe "jû" bei Ju-Jutsu übersetzt genau das: flexibel sein!

Das hilft uns auch im Alltag, wenn eine schwere und unbekannte Herausforderung auf Arbeit oder im privaten Leben ansteht, oder im Studium eine Prüfung: beim Kampfsport lerne ich, diesen Stress zu bewältigen, lerne, damit umzugehen.

 

Lars Jacob